Aufzugsnotbefreiung: Richtlinie E-29 auf Schiene
Für Einsätze im Bereich „Personenbefreiung aus Aufzugsanlagen“ bestand bis dato keine ÖBFV- Richtlinie. Oft wird die Feuerwehr als „Hausmeister der Nation“ für solche Einsätze hinzugezogen. Rechtlich ist die Situation klar: eine normale Befreiung muss innerhalb von 30 Minuten eingeleitet werden. Allerdings können die von den Betreibern beauftragten Unternehmen diese Frist oftmals nicht einhalten. Unterschiedliche Herangehensweisen und Auffassungen bei den Feuerwehren und Unternehmen tragen nicht unbedingt zur Vereinfachung der Situation bei. Ziel der Richtlinie: bundesweit einen gemeinsamen Nenner zu schaffen.
„Eine einheitliche Kommunikation zu Liftbetreibern ist schwierig“, fasst LBDStv Michael Hutterer, Leiter des ÖBFV Sachgebiets 5.1 (Brand- und technischer Einsatz), der mit seinem Team das überaus heikle Thema bearbeitete, zusammen. „Wir wissen auch, dass vielerorts die Liftbetreiber nicht besonders kooperativ sind. Wir luden alle namhaften Hersteller ein. Die Rückmeldungen waren überschaubar und zum Teil nicht sehr ergiebig. Der Grundtenor war, dass ja eh jeder Lift eine Notbefreiungsanleitung im Triebwerksraum bzw. bei der Steuerung vorweist“, so Hutterer. Allerdings sind diese Anleitungen alles andere als einheitlich. „Sogar bei ein und demselben Anbieter finden sich massive Unterschiede in den Ausführungen.“
Aufzugsöffnung ist nicht Aufgabe der Feuerwehr
Das Projektteam wurde durch Hutterer aus dem SG 5.1 und Personen mit besonderen Kenntnissen zusammengesetzt. „Besonders die TÜV Austria Services GmbH zeigte sich kooperativ: Ing. Thomas Maldet unterstützte vor allem im Bereich der Begriffsbestimmungen und der Erstellung des Ablaufschemas für die Notbefreiung mit seiner Fachkenntnis“, dankt Hutterer. „Dass die Aufzugsöffnung nicht die Aufgabe der Feuerwehr ist, liegt auf der Hand. Dafür gibt es Verträge der Betreiber von Aufzugsanlagen mit Aufzugsbetreuungsunternehmen. Allerdings wird die Feuerwehr immer wieder gerufen, weil die Unternehmen die gesetzlich vorgegebene Frist von 30 Minuten nicht einhalten können oder wollen. Sollte sich dann am Einsatzort herausstellen, dass es sich um eine Fehlauslösung oder eine ‚einfache‘ Liftöffnung – ohne Gefahr in Verzug – handelt, haben wir dank der Mitarbeit des Referates 2 (Recht und Organisation) unter der Leitung von BFR Dr. Thomas Schindler eine Empfehlung in der Richtlinie verankert, wie man künftig mit solchen Situationen umgehen könnte“, erklärt Hutterer den heikelsten Part der Richtlinie. „Fakt ist, dass das Retten von in Aufzugschächte abgestürzte Personen eine Aufgabe der Feuerwehr darstellt. Wovon wir aber tunlichst abraten, ist das Unterzeichnen irgendwelcher Vertragsdokumente mit dem Aufzugsunternehmen“, so Hutterer weiter. Dr. Thomas Schindler ergänzt: „Rechtlich ist das klar: solche Verträge sind gewerberechtlich relevante Vereinbarungen und daher unzulässig. Seitens der Feuerwehren ist im Bedarfsfall der jeweilige LFV zu kontaktieren, damit dieser ggf. die im Land geltende Rechtslage prüft.“
ÖBFV RL E-29
Die Richtlinie enthält ein Glossar für die einheitliche Bezeichnung der Aufzugsteile und Zeichnungen für etwaige feuerwehrinterne Schulungen, eine umfassende Rechtsbelehrung, eine Standard-Einsatzmaßnahme, ein standardisiertes Ablaufschema für die Notbefreiung sowie eine standardisierte Vorlage für die Erstellung von Notbefreiungskarten einer Aufzugsanlage, welche von Herstellern und Feuerwehren ausgefüllt werden kann. „Es ist unser Ziel, diese Notbefreiungskarten als einheitliche Vorlage in den einschlägigen Normen EN 81-20 und EN 81-80 zu implementieren“, so Hutterer. Die Richtlinie wurde durch das Präsidium in der letzten Sitzung der XVIII. Funktionsperiode freigegeben und ist kostenlos zum Download verfügbar.