Vor 75 Jahren brannte der Stephansdom, die Pummerin zerschellte am Boden – der Brand des Wiener Wahrzeichens zog sich über drei Tage

In den letzten Tagen des 2. Weltkriegs, im April 1945 tobte ein Kampf zwischen den russischen Truppen und der aus Wien abziehenden Wehrmacht. Die Wehrmacht nahm alles mit, was irgendwie auf Lastwägen und Karren zu packen war, brachte es über die Donau und zog weiter Richtung Krems. Ähnliches galt auch für die Feuerschutzpolizei Wien, wie die Feuerwehr in Wien damals genannte wurde. Sie hatte ebenfalls den Befehl erhalten die gesamte Mannschaft und Ausrüstung aus Wien abzuziehen und Richtung Westen zu ziehen – weg von der näherkommenden Front. Gerade in den letzten Kriegstagen verfügte Wien daher über keine funktionierende Brandschutzorganisation mehr. Doch nach und nach gelang es einigen Feuerwehrleuten sich diesem Abzug aus Wien zu entziehen und sie kehrten in die bereits schwer umkämpfte Stadt zurück. Unter ihnen auch der Feuerwehrmann Leopold Meister. Er war einer jener Feuerwehrleute, die in der Türmerstube des Stephansdoms Dienst versahen – die sogenannten „Türmer“. Leopold Meister hat seine Erinnerungen über die „schicksalsschweren Apriltage des Jahres 1945“ niedergeschrieben.

„Brennende Teile stürzten auf die Dombauhütte, welche ebenfalls Feuer fing und im weiteren Verlauf verbrannte, auch die große Orgel geriet durch Funkenflug in Brand, ergriff auch den südlichen Heidenturm , sodaß nun das Feuer von mehreren Seiten gegen das Dach vordrang und eindringen konnte. Gleichzeitig ergoß sich ein Funkenregen über das Dach des Domes, welches durch die Beschießung der Deutschen beschädigt wurde und Glutstücke ungehindert in das Dachinnere gelangten. Als nun das Dach selbst Feuer fing, war das Schicksal des so schönen und stolzen Domes besiegelt“, berichtet Leopold Meister über die Geschehnisse der Nacht von 11. auf 12. April 1945.

Am Nachmittag des 12. April stürzte die 22 Tonnen schwere Pummerin samt dem Glockengebälk in die Tiefe und zerbrach. In der Nacht auf den 13. April war das gesamte Dach abgebrannt. Brennende Trümmer von zehntausenden Fichtenholzstämmen der Dachkonstruktion lagen auf dem gemauerten Dachgewölbe des Kirchenschiffs vom Stephansdom, als eine Stützmauer des Daches umstürzte und das Gewölbe nahe dem Hauptaltar durchschlug. Die Orgelempore, die Kaiserloge und das gesamte wertvolle Chorgestühl waren unter Schutt und brennenden Holzbalken begraben. Auch das Gewölbe des Friedrichschiffes war zum größten Teil eingebrochen. Der Brand fraß sich hinauf bis auf Leopold Meisters Arbeitsplatz, die Türmerstube.

Bereits in den Tagen vor dem verheerenden Brand berichtet Leopold Meister von zahlreichen Bränden in den Häusern rund um den Stephansdom als Folge der Luftangriffe. Immer wieder gelang es einer Handvoll Feuerwehrleuten, Geistlichen des Doms und einer jungen Lehrerin, Brände, die auf den Dom übergegriffen hatten, mit einfachsten Mitteln zu löschen. Von der Türmerstube aus beobachteten Leopold Meister und seine Kollegen Raimund Suchy, zeitweise auch Leopold Bauer und Karl Polzer die Kämpfe in und um Wien. Die russischen Truppen hatten bereits kurz vor dem Brand den Bereich um den Stephansdom unter Kontrolle, als sich die Kämpfe mit der abziehenden Wehrmacht entlang des Donaukanals zuspitzten. Die russischen Kräfte wurden an den Donaukanal verlegt, die Geschäfte und Häuser rund um den Stephansdom waren unbewacht. Das nutzten Plünderer, die auf ihren Streifzügen auch Feuer in den Häusern rund um den Dom legten. Der Funkenflug der zahlreichen Brände, starker Wind und viele Löcher im Dach des Doms durch vorhergegangene Angriffe waren die Auslöser für den verheerenden Brand des Wiener Wahrzeichens.

Nach einem finanziellen und baumeisterlichen Kraftakt wurde am 23. April 1952, am Domweihetag, der Stephansdom feierlich wieder eröffnet. Bereits am Tag vorher war die im oberösterreichischen St. Florian neu gegossene Pummerin nach einem Triumphzug in Wien empfangen und in einem Gerüst neben dem Dom provisorisch aufgestellt worden.

Auch die Türmerstube wurde nach dem Krieg wieder bezogen. Die Funktion des Türmers, der Brände aus dem Wiener Stadtgebiet an die Feuerwehrzentrale Am Hof zu melden hatte, blieb noch bis 31. Dezember 1955 besetzt. Ebenso versah Leopold Meister (1906 – 1966) weiterhin Dienst bei der Berufsfeuerwehr Wien. Er wurde 1965 in den Ruhestand versetzt.

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