Podiumsdiskussion „Feuerwehr“

Die derzeit im Nationalrat vertretenen Parteien wurden wenige Wochen bevor ein neuer Nationalrat gewählt wird, vom Österreichischen Bundesfeuerwehrverband eingeladen, um feuerwehrrelevante Fragestellungen miteinander zu diskutieren und die Ideen und Lösungsvorschläge der jeweiligen Parteien zu präsentieren. Die Podiumsdiskussion wurde live übertragen und steht auch zum Nachsehen zur Verfügung.

Die bevorstehende Nationalratswahl am 29. September 2024 war der Anlass, die derzeit im Nationalrat vertretenen Parteien mit feuerwehrrelevanten Fragestellungen zu konfrontieren und ihre Ideen und Lösungsansätze zu diskutieren. Die Einladung zu dieser Podiumsdiskussion erging Ende Juli an die Parteichefs. Der Diskussion stellten sich schlussendlich Abgeordnete zum Nationalrat mit – großteils persönlichem – Bezug zum Themenfeld „Feuerwehr“.

Die Übertragung am 3. September 2024 startete pünktlich um 18.00 Uhr aus dem Saturn Tower in Wien. Moderator Gernot Rohrhofer (Die Presse) begrüßte am Podium:

  • Joachim Schnabel (ÖVP), Sprecher für die Bereiche Forschung, Innovation und Wasserstoff, Bürgermeister in der Gemeinde Lang in der Südsteiermark und seit 36 Jahren Mitglied der dortigen Freiwilligen Feuerwehr.
  • Mario Lindner (SPÖ), zuständig für die Bereiche Gleichbehandlung, Diversität und LGBTIQ, seit 30 Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Großreifling und beim Roten Kreuz engagiert.
  • Hannes Amesbauer (FPÖ), Bereichssprecher für Asyl- und Migrationspolitik sowie Sicherheitspolitik, selbst Feuerwehrkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Krampen in der Steiermark.
  • David Stögmüller (GRÜNE), Sprecher für die Bereiche Rechnungshof, Landesverteidigung, LGBTIQ+ sowie Katastrophenschutz und Ehrenamt, selbst Mitglied in einer Rettungsorganisation.
  • Henrike Brandstötter (NEOS), zuständig unter anderem für Frauen und Gleichbehandlung, Medien oder Entwicklungszusammenarbeit, ehemaliges langjähriges Mitglied der Betriebsfeuerwehr Austria Center Wien.

Die Landesfeuerwehrverbände waren mit einer Vielzahl von Funktionären vertreten, unter ihnen auch Landesfeuerwehrkommandanten, womit diese ihr Interesse an dem politischen Diskurs zeigten.

Vor der „Aufwärmrunde“ zur Vorstellung, skizzierte Gernot Rohrhofer noch einmal die Idee der Veranstaltung: Das Kennenlernen der Positionen der politischen Parteien zum Thema Feuerwehr inkl. Schnittmengen aber auch der Gegensätze. Präsident Robert Mayer betonte in seinem Statement die Verantwortung der Politik zu Gestaltung und Sicherstellung der Rahmenbedingungen und ging auf die, in der Zuständigkeit begründete, enge Vernetzung mit den Ländern und Gemeinden ein. Die kürzlich publizierte Österreichische Sicherheitsstrategie 2024 zeige aber auch deutlich die Berührungspunkte auf Bundesebene. So ist in dem Dokument von den gesteigerten Belastungen der zumeist ehrenamtlichen Einsatzorganisationen, der vermehrten Notwendigkeit auch im Ausland Hilfe zu leisten und der Anpassung und Aufrechterhaltung der ehrenamtlichen Strukturen die Rede.

 „Sprechen wir übers Geld“

Die erste inhaltliche Runde stellte das Thema der Finanzierung in den Mittelpunkt. Über große Herausforderung der Teuerung waren sich alle einig. Lindner eröffnete die Runde mit der bekannten Forderung der Befreiung von der Mehrwertsteuer und ergänzte die alternative Idee die Rückvergütung auf solide Beine zu stellen, da einige Punkte gegen eine Befreiung sprechen würden. In der Diskussion wurde auch die Teuerung bei Service- und Wartungsarbeiten angesprochen. Die Feuerwehren aber auch die Bevölkerung würden wesentliche Beiträge leisten, eine nachhaltige Finanzierung liege aber klar im öffentlichen Interesse.  Förderungen, die mit der Gießkanne verteilt würden, so Brandstötter in Anspielung auf den Klimabonus, könnten zielgerichteter für Investitionen in die Bewältigung von Katastrophenschäden fließen. Feuerwehren und Gemeinden seien kommunizierende Gefäße, was die Finanzierung betrifft, ergänzt Schnabel abschließend und schlägt vor, die Kommunalen Investitionspakete auch zur Finanzierung von Feuerwehrfahrzeugen zu öffnen.

Weitere Vorschläge aus dieser Runde:

  • Finanzierung der Feuerwehr im Sinne der umfassenden Landesverteidigung breiter denken
  • Inflationsanpassung der Mittel aus dem Katastrophenfonds
  • Verteilungsschlüssel der Mittel aus dem Katastrophenfonds überdenken

„Ehrenamt sichern“

Die Anmoderation, dass politisch Verantwortliche oft wenig Ahnung vom System Feuerwehr haben, bestätigte Amesbauer nur bedingt. Er könne sich einen gut durchdachten Freiwilligenbonus im Sinne von Steuererleichterungen vorstellen. Eine Diskussion über die verpflichtende Dienstfreistellung wolle er offen führen, warne aber vor einer Schlechterstellung der Feuerwehrmitglieder bei der Einstellung. Brandstötter sprach sich für eine klare Unterscheidung zwischen Haupt- und Ehrenamt aus, brachte aber Attraktivierung z.B. durch Aus- und Fortbildung ins Spiel. Dass Mitglieder von Einsatzorganisationen einen Mehrwert für ein Unternehmen darstellen, müsse laut Stögmüller klargemacht werden. Schnabel setze auf partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr und Betrieben und weniger auf Verpflichtungen.

Weitere Vorschläge aus dieser Runde:

  • Attraktivierung durch Fortbildungsmöglichkeiten
  • Steuererleichterung für die Führungsebene
  • Vereinfachung bei der Antragstellung der Entgeltfortzahlung
  • Ausdehnung der Entgeltfortzahlung auf Selbstständige

„Respekt vor Einsatzkräften“

Die dritte Runde eröffnete Stögmüller mit der Feststellung, dass er aus eigener Erfahrung die gesellschaftliche Veränderung im Hinblick auf Respekt vor Einsatzkräften kenne. Höhere Strafen seien oft nicht die Lösung – vielmehr müsse man in die Schulung von Einsatzkräfte beim Umgang mit Konflikten investieren.  Brandstötter betonte, in Anlehnung an den vorangegangenen Themenschwerpunkt – dass das Ehrenamt kein Ort potenzieller Gefahr – natürlich abgesehen von der Gefahr, die durch den Einsatz selbst ausgeht – sein dürfe, um es attraktiv zu halten und spricht sich für Kampagnen aus.  Dass die juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, ist gemeinsame Haltung am Podium. Über die Fälle dürfe man nicht nur reden, sondern müsse diese auch konsequent zur Anzeige bringen, ergänzt Lindner.

Weitere Vorschläge aus dieser Runde:

  • Verbesserung der rechtlichen Absicherung, insbesondere von Führungskräften
  • Neuer Straftatbestand „Behinderung von Einsatzkräften“
  • Kampagnen allgemein, oder in Schulen (Bildungsinitiativen)

Statements aus dem Publikum und Abschluss der Diskussion

Der NÖ Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner meldete sich zu Wort, um die Problematik der Unterscheidung zwischen dem Ehrenamt im allgemeinen und Ehrenamt in einer Einsatzorganisation zu thematisieren. Verpflichtende Dienstfreistellungen in der Privatwirtschaft sehe er kritisch – der öffentliche Sektor könne aber Vorreiter sein.

Präsident Mayer ergänzte seine Einschätzung, dass die Feuerwehr, trotz des gesetzlichen Auftrages, oft als Bittsteller auftreten würde. Als Einsatzorganisation dürfe man nicht wie jeder andere Verein gesehen werden, was jedoch oft auf allen Ebenen, von der Gemeinde bis zum Bund, so wahrzunehmen sei. Auch der schwierige Weg die Bildungsinitiative „Gemeinsam.Sicher.Feuerwehr“ ordentlich zu verankern, war Teil seines Statements.

Amesbauer replizierte bestätigend, dass andere Vereine, ohne deren gesellschaftlichen Stellenwert zu schmälern, sicherheitspolitisch anders zu bewerten wären wie Freiwillige Feuerwehren.

Der Abschluss wurde durch Moderator Rohrhofer mit der Frage „Was ist die Maßnahme, die sie für die Feuerwehr ergreifen würden? Ein Wort! “ eingeleitet. Die Antworten lassen mehr oder weniger Interpretationsspielraum:

Brandstötter schloss mit „Rauchmelder“, Stögmüller mit „Inflationsanpassung“, Amesbauer mit „Mehrwertsteuer weg!“, Lindner mit „Einsatzorganisations-Ehrenamtliche“ und Schnabel mit dem Wort „Planungssicherheit“.

Die Aufzeichnung der Feuerwehrpodiumsdiskussion kann hier nachgesehen werden:

 

2024 | Podiumsdiskussion vor NR-Wahl | R. Berger FEUERWEHR.AT